Asset Management - bei EVU

1  Einführung ins Asset Management

Was bedeutet der Begriff Asset Management und was sind die Anwendungsbereiche, in denen es vorgefunden werden kann? Gibt es Asset Management nur bei Energieversorgern?

1.1  Definition

Der Begriff „Asset Management“ bedeutet – aus dem Englischen übersetzt – soviel wie Anlagenwirtschaft oder Vermögensverwaltung. Im Allgemeinen geht es daher um die wirtschaftliche Verwaltung von Anlagen und Vermögensgegenständen.

In der Volks- und Betriebswirtschaft beschränkt sich die Verwaltung vor allem auf finanzielle Güter in Form von Wertpapieren und Fonds.

1.2  Anwendungsbereiche

Das Asset Management (AM) war bisher primär bei finanziellen Vermögensberatern zu finden, die mehrere Milliarden Euro Kapital in Fonds und anderen Anlageformen verwalten. Sie müssen Investment­prozesse analysieren und den Anlageerfolg beurteilen.

Dieses Vorgehen kann allerdings auch auf andere Branchen angewendet werden, die ebenfalls Anlagen und Vermögensgegenstände verwalten müssen. Je umfangreicher nun das Sortiment an Anlagen bei einem Unternehmen ist, desto wichtiger ist ein entsprechend gutes Asset Management.

Es gilt, für den Auftraggeber (auch: Asset Owner) das Richtige zu tun und daher mit Planungen und Entscheidungen über Maßnahmen die Erhöhung der Rentabilität zu erreichen und die Sicherheit der Investitionen zu gewährleisten. Neben der eigentlichen Kapitalrendite gibt es noch weitere wichtige Kennzahlen, wie zum Beispiel die Versorgungsqualität, Anlagenauslastung und die Anlagen­leistung. Neben den Investitionen und dem Aufwand sind dabei auch die Risiken zu managen.

1.2.1  Abweichende Bezeichnungen

Wenn es nur um die Verwaltung von Produktionseinrichtungen während der eigentlichen Betriebszeit geht, ist die Rede vom Plant Asset Management (PAM). Plant steht hierbei als englischer Oberbegriff für Ausrüstung, Betriebsanlagen, Betriebsgebäuden, Fabrikanlagen und Maschinenhallen. Für die Verwaltung jeglicher Anlagen eines Unternehmens (engl. Enterprise) wird Enterprise Asset Management (EAM) genannt.

Nicht zu Verwechseln ist das Asset Management daher mit der klassischen Anlagenwirtschaft, die sich nur mit den Planungen und Überwachungen von Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von Produktionsanlagen oder Fertigungseinrichtungen getroffen werden, beschäftigt[1].

Die Unternehmen müssen eine interne Übersicht über ihre Anlagen gewährleisten, um die Betriebskosten und die Verfügbarkeit im Blick zu haben und Entscheidungen über Investitionen zu treffen. Denn neben den reinen Investitionskosten fallen die über den gesamten Lebenszyklus betrachteten Gesamtkosten immer mehr ins Gewicht.

1.3  Strategisches Asset Management

Gemeinsam mit anderen Managementbereichen, wie zum Beispiel dem Controlling[2], gibt es auch beim Asset Management die Unterscheidung zwischen dem strategischem Asset Management, taktischem Asset Management und operativem Asset Management. Je nach Zeitbezug und dem gewünschten Wirkungsbereich ist eine andere Handlungsdimension (Abbildung 1.1) zu wählen.

 

Abbildung 1.1   Unterteilung der Handlungsdimensionen

 

Während im operativen und taktischem Asset Management eher das Ziel voran getrieben wird, die Nutzung der eingesetzten Anlagegüter zu optimieren und die Nutzungspotentiale zu erweitern, steht im strategischen Asset Management die Wartung und Instandhaltung im Vordergrund, um daraus folgend die langfristige Planung sowie die daraus resultierenden notwendigen Investitionen zu bestimmen.

1.4  Asset Management bei EVU

Bei den EVU (Energieversorgungsunternehmen) kommt das Asset Management zum Einsatz, um die Bewirtschaftung und gezielte Optimierung aller Betriebsmittel, den Anlagen und Netzen, über ihren kompletten Lebenszyklus zu gewährleisten. Gleichzeitig werden die Strategien für die Utilitys (engl. Begriff für Energieversorger) entwickelt und festgelegt.

Dabei werden die kaufmännische sowie die technische Sicht mit der Instandhaltungsorganisation vereint.

1.4.1  Betriebsmittelverwaltung

Asset Management verbessert die klassische „Betriebsmittelverwaltung“ – unter diesem Begriff existiert das klassische Vorgehen bereits. Neu ist nun nur, dass seit einigen Jahren der Trend zum Umstieg von den alten analogen Medien, wie zum Beispiel Aktenordnern, auf die moderne digitale Informationstechnik erfolgt. So entstand diese (Schein-)Anglizisme durch die Aufwertung und Verbesserung der bisherigen Geschäftsprozesse der Verwaltung der Betriebsmittel mit Unterstützung von neuen EDV-Systemen. Ein Paradigmenwechsel lag also nicht unbedingt vor.

Nicht jede Software, die eine Betriebsmitteldatenbank abbildet, ist auch automatisch ein Programm für Asset Management. Anwendungen für Asset Management zeichnen sich durch mehr Funktionalität und mehr Nutzen aus und können viel weiterführende Informationen darstellen.

Im Asset Management muss nun auf äußere Einflüsse Rücksicht genommen und auf Änderungen in der Umwelt, Umgebung, in den Gesetzen und auf der ganzen Welt reagiert werden. Dabei muss nicht nur die Technik an sich verwaltet werden, sondern auch der gesamte Prozess – von der Idee bis zur Inbetriebnahme, anschließend weiter über die Instandhaltung bis hin zu Stilllegung und dem Abbau.

1.4.2  Lebenszyklus eines Assets

Die langfristige Strategie und Planung der Anlagen beschäftigt sich nicht nur mit dem gesamten Lebenszyklus (Abbildung 1.2) einer Anlage. Von Interesse sind dabei die technischen sowie die betriebs­wirtschaftlichen Daten der Anlagen um den Einsatz und die Instandhaltung zu organisieren. Ziel des strategischen Asset Management ist es, diese Daten zu erzeugen und bereitzustellen, um die Zuverlässigkeit und Effizienz zu erhöhen, eine Wertsteigerung zu erreichen und den Ersatzbedarf zu reduzieren.

 

Abbildung 1.2   Lebenszyklus eines Assets

 

Der gesamte Lebenszyklus eines Assets umfasst allgemein die Phasen Planung, Engineering, Beschaffung, Inbetriebnahme, Betrieb, Austausch und Entsorgung.

Zu der Planungsphase gehört unter anderem eine technologische- und innovationsorientierte Umweltanalyse um mit Früherkennungen und Prognosen relevante Entwicklungen zu erkennen[3].

Die längste Phase im Leben eines Assets ist der Betrieb. Um diese Phase möglichst zu verlängern, kommt die Instandhaltung zum Einsatz. Nach der DIN 31051[4] wird die Instandhaltung in die vier Grundbegriffe Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung unterteilt (Abbildung 1.3). Damit die geforderte Funktion eines Betriebsmittels erfüllt werden kann, ist die Erhaltung des funktionsfähigen Zustands zu gewährleisten.[5]

 

Abbildung 1.3  Unterteilung der Instandhaltung

 

1.5  Asset Management in anderen Branchen

Nicht nur die Energieversorger haben ein Asset Management im Einsatz. Allerdings ist bei den EVU der Einsatz eindeutiger zu zeigen. In anderen Branchen muss schon etwas genauer hingesehen werden.

Ähnlichkeiten zu EVU können da noch bei den Instandhaltungs­abteilungen von Straßenbahnverkehrsbetrieben gesehen werden, die ein kilometerlanges Netz an Oberleitungen, Schienen und Tausenden Signalen zu verwalten haben.

Unter der Erdoberfläche befinden sich neben den Strom-, Gas- und (Ab-)Wasserleitungen auch noch andere Leitungen wie etwa die der Telekommunikation (Telefonnetz sowie Breitbandnetz) und die des Breitbandkabelnetzes (Kabelnetz für Radio und Fernsehen). Beim Telefonnetz ist sogar eine verwandte Topologie zum Stromnetz erkennbar. Während Glasfaser für Fernverbindungen ähnlich der Hochspannung genutzt wird, führt der Hausanschluss von entsprechenden Verteilern ähnlich den Trafostationen per Kupfer­leitungen zu den entsprechenden Kunden.

Ähnlich zu dem Ausbau des Gasnetzes der EVU existiert aktuell auch beim Ausbau des DSL-Netzes der Deutschen Telekom eine vergleichbare Problematik. Ein Unternehmen verlegt nur dort seine Assets, wo es sich später auch wirklich rentieren wird.

Aber auch in der Industrie kommen ähnliche Strategien im (Plant-) Asset Management (siehe 1.2.1) zum Einsatz – oder viel besser: sollten zum Einsatz kommen. So haben zum Beispiel Pharma- und Chemie­unternehmen vielfältige Produktionsanlagen mit Tausenden Geräten, Pumpen, Motoren, Leitungen und Armaturen, die auch von Instandhaltung, Instandsetzung und Ausbau betroffen sind.



[1] Vgl. [Zieg07, S. 323]

[2] Vgl. [Zieg07, S. 190]

[3] Vgl. [JBQ07, S. 468 f.]

[4] DIN 31051:2003-06 Grundlagen der Instandhaltung, Deutsches Institut für Normung e. V.

[5] Vgl. [Lieb08, S. 28]

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